Nach Spätfrostfolgen und mauer Ernte läuft jetzt der erste Saft
Das verkorkste Obstjahr kommt gerade bei den ersten Verarbeitern an. In der Mosterei Ketzür wird der erste Apfelsaft des
Jahres produziert – vier Wochen später als 2016. Zwar gibt es weniger Obst als im Vorjahr, doch dank Lohnmosterei und Eigenprodukten viel zu tun. „Nicht eine Kirsche, keine Aprikose.“ Norbert Stupka aus der Kleingartensparte „Immergrün“ in Brandenburg kann über die Folgen der Spätfröste in diesem Frühjahr ein Lied singen. Auch die Äpfel haben unter der unterkühlten Blütezeit gelitten. Was an den Bäumen hängt, hat Stupka in dieser Woche zum Mosten nach Ketzür geschafft. „Mit rund 100 Kilo ist die Erntemenge nur halb so groß wie im vergangenen Jahr“, berichtet der Kleingärtner. Mit 42 Ein-Liter-Flaschen frisch gepresstem Saft und einem gefüllten Weinballon macht er sich auf den Heimweg: „Damit kommen wir gerade über den Winter.“ Das verkorkste Obstjahr kommt gerade bei den ersten Verarbeitern an. Vier Wochen später als 2016 ist die Mosterei Ketzür in die Saftproduktion gestartet. „Nach allem, was uns Stammkunden bisher angekündigt haben, rechnen wir mit einer deutliche geringeren Apfelmenge im Lohnmostgeschäft“, berichtet Geschäftsführer Achim Fießinger. Es sind vor
allem Kleingärtner vom Fläming bis zum Havelland, die am Beetzsee ihre Früchte zu Saft pressen und in Glasflaschen abfüllen lassen. Für 80 Cent je Liter nehmen sie Apfelsaft aus eigenem Obst mit nach Hause. Äpfel, Birnen, Quitten und andere Früchte braucht die seit 2006 bestehende Mosterei auch für die Hausmarken, die in den vergangenen Jahren entwickelt wurden. Darunter zahlreiche Mischsäfte, die seit dem Buga-Jahr 2015 unter dem Namen Bugaloo in Flaschen zu je 0,275 Liter abgefüllt werden. Abnehmer sind vor allem Gastronomie, Hotels und Klubs. Für den Mango und Maracuja. Gewerbliche Produkte gibt es im Hofladen oder online. Vor der Anlieferung von privatem Obst sollte immer ein Termin vereinbart werden. Das ist ab sofort online oder telefonisch unter 033836/2 05 23 möglich. Die Mindestmenge beträgt 50 Kilo. Die Saftausbeute kann zwischen 60 und 70 Prozent schwanken. Der eigene Saft wird in Glasflaschen abgefüllt, die immer wieder verwendet werden können. Das Obst sollte sauber, unbehandelt und nicht faulig sein. Birnen müssen immer noch bissfest sein. Quitten werden separat von anderem Obst verarbeitet. Für den gewerblichen Absatz sieht Geschäftsführer Fießinger trotz der Flaute in den Plantagen keine Probleme. „Wir haben verschiedene Lieferanten aus der Region. Vom klassischen Obstbauern bis zum Landwirt mit Streuobstwiese.
Weil die Erträge unterschiedlich ausfallen, können wir als kleine Mosterei flexibel reagieren“, so Fießinger. 20 bis 25 Cent je Kilo Äpfel zahlen die Ketzürer derzeit an Lieferanten. Ob die Preise anziehen, hängt vom Verhalten der großen Verarbeiter ab, die in guten Jahren Anbaubetriebe mit Schleuderpreisen abspeisen. Vor drei Jahren übernahmen Achim Fießinger und sein Geschäftspartner Manuel Stephan
den Betrieb von Mostereigründer Kai Brass. Inzwischen hat sich in der eigens gegründeten GmbH einiges verändert. Die Betreiber haben in eine neue Presse mit höherer Leistung investiert. Die bisherige Packpresse, bei der Presstücher zum Einsatz kamen, wurde durch eine Anlage mit Presswalzen ersetzt. Diese wird von Günther Fredrich bedient, während Markus Teschner die Flaschenabfüllung des auf 80 Grad erhitzten Saftes übernimmt. Nach dem Erfolg der Apfel-Mango-Mischung für den gewerblichen Verkauf haben die Ketzürer in diesem Jahr die Variante mit Maracuja-Anteil auf den Markt gebracht. Zum Einsatz kommt wie bei der Mango Direktsaft von den Philippinen. Dabei bleibt die Mosterei ihrem Anspruch treu, einheimisches Obst aus der Region mit fair gehandelten tropischen Früchten zu mischen. Für den Herbst ist eine weitere neue Geschmacksrichtung geplant. Dann werden Äpfel mit Spinat und Gurke zu einem grünen Saft aufgepeppt. Wer nach hochprozentigen Erzeugnissen Ausschau hält, wird im Hofladen fündig. Die ersten 613 Flaschen Ketzürer Apfelbrand sind da. Den Saft für den 40-prozentigen Brand lieferte die Mosterei an eine Wiesenburger Brennerei.
Quelle: Frank Bürstenbinder